05.05.2024 Haut die Herbergsmutter mich? Flucht nach Pontevedra

In einem Kommentar hatte ich geschrieben, dass das Wetter eigentlich egal ist. Aber ein paar Stunden mit Wasser in den Schuhen zu laufen, das ist wirklich sehr unangenehm. Der Wetterbericht sagt für heute keine Besserung voraus.

Und ich muss wahrscheinlich über 25 km laufen. Nun ja, ich kann es nicht ändern. Gestern teilte mir mein iPhone mit, dass Face ID nicht mehr verfügbar ist. Warum das? Hab ich mich so verändert? Das ärgerliche ist, zum Entsperren muss ich mein 11 stelliges Passwort mit Sonderzeichen, Gross-/Kleinschreibung und Zahlen eingeben. Bei Regen und Kälte fast unmöglich. Als Fehlerbehebung empfiehlt Apple ein Update. Nun gut mache ich. Nutzt nichts. Das komplexe Passwort kommt noch von den Regeln bei Westnetz. Von denen trenne ich mich nun. Das iPhone hat wohl nun eine Macke. Vielleicht ist es zu feucht geworden….

Ich bin um 05:15 aufgewacht. Ich höre den Regen – sonst höre ich nichts. Ich bin allein im 4 Bett Zimmer. Auch im Bad kein Mensch. Ich hatte die Wandersocken gestern noch mit Zeitungspapier ausgestopft. Wie ich dazu gekommen bin?
Ich hatte den Wäschetrockner genutzt um meine Schuhe zu trocknen. Als ich das machte ging gegenüber der Damentoilette ein Tür auf (Waschmaschine und Trockner stehen auf der Damentoilette). Ein älterer Kauz kam da raus, murmelte was, und schlurfte davon. Kurze Zeit später kommt die Herbergsmutter, schaltet den Trockner aus. Sie holt weitere Wäsche von einem Wäschständer, wirft alles in die Maschine und stellt sie an. Meine Socken haben Gesellschaft. Dann nimmt sie den Abluftschlauch von meine Schuhen, und führt ihn aus dem Fenster. Ich versuche zaghaft zu intervenieren.

Das ganze mit einem Stockato an spanischen Worten und Gesten  Hoffentlich haut sie mich nicht. Ich bin kein Holger. Sie stürmt weg, und kommt mit einem Schwung Zeitungen zurück, und stopft sie in meinen Schuhe. Und ich dachte sie wollte mich züchtigen..

Ich hab versucht das Problem des Wasserablauf über die Waden in meine Schuhe in den Griff zu bekommen. Dazu hab ich zwei Plastiktüten geopfert, und aufgeschnitten. Sie sollen verhindern, dass das Wasser an der Wade herunter in den Schuh läuft. Mal sehn.

Es ist dunkel, und nass, und es regnet als ich losgehe.

Aus der Herberge heraus führt der Weg eine Stück bergauf in einen Wald. Der Weg ist matschig und voller Pfützen. Ich erkenne in der Dunkelheit einige Pfützen als feste Fläche – Pech gehabt. Das Wasser kommt diesmal von unten in den Schuh. Für diesen Weg ist es einfach zu dunkel.

Ich bin fast 2 h gelaufen, und hab nur 8 km geschafft. Es kommen ein paar kleinere Orte, aber kein Café ist auf. Heute ist Sonntag, ich werde langsam hungrig. Weiter durch Regen und Kälte.

Nach 10 km erreiche ich Redondola. Hier regnet es mehr. Aber ich finde ein überfülltes Café. Ich bestelle einen Espresso Doublo, Orangensaft, und zeige auf ein Brot mit Pesto dass gerade serviert wird. Ich signalisiere,dass ich zwei davon möchte. Der hektische Wirt nickt.
Die Bestellung war nur mäßig erfolgreich. Ich bekomme zwei doppelte Espresso, und ein Brot. Die Vitamine haben es nicht geschafft.
Man wird bescheiden, immerhin kann ich sitzen und hab was zu essen. Ein Brot mit Tomatenpesto. An der Theke bekommt eine mausgrosse Spanierin ein Brot mit Schinkenspeck. Sie sieht nicht aus als wollte sie tauschen. Obwohl das gesünder wäre…

Das Café ist voller Pilger aus allen möglichen Ländern. Franzosen, Deutsche und Asiaten. Immer wieder höre ich “skip this passage”. Weicheier…😳

Um 09:00 breche ich auf von Redonda nach Pontevedra. Das ist laut Reiseführer eine 19 km Etappe. Mit den 9 km die ich schon habe wird es heute wieder ein knapp 30 km Tour. In den weiteren Bildern ein paar Eindrücke von der (Regen) Pilgerung.
Leider sind einige Fotos etwas trüb. Das macht die iPhone 1x Linse, die scheint Feuchtigkeit abbekommen zu haben. Ich habe das Telefon in einer Kunststoff Schutztasche, die ist feucht. Wahrscheinlich hab ich diesen Defekt auch an der Face ID Frontkamera.
Heute hab ein Hotel mit Fön – ich denke das Ding bekommt heute warme Luft.

Es geht weiter, und ich komme nach A Calle. Hier gibt es einen Meeresarm der weit ins Landesinnere reicht. Vorher gibt es einen Pilger Laden wo es den größten Stempel gibt. Das Buch ist bald voll, es sind noch drei reguläre Etappen, also sechs benötigte Stempel, bis die Absolution verbrieft wird.

Der Weg ändert sich nicht wesentlich, immer wieder sind Stellen überflutet. Aber es gibt auch Brücken. Um kurz vor 14:00 erreiche ich Pontevedra. Eine Temperaturanzeige an einer Apotheke zeigt 22° C. Scheint eine Prognose zu sein. Die wärmste Anzeige unterwegs zeigte 15°C. Aber es soll ab morgen besser werden.


Mit dem heutigen Tag bin ich nun 7 Tage in Wanderschuhen unterwegs, und es sind noch ca. 68 km bis Santiago de Compostela. Deshalb hier eine kleine Bilanz:

Ich bin bis heute 202 km gelaufen, und fast 18 h in Bewegung gewesen. Die 2000 Höhenmeter hatte ich gar nicht erwartet.

Eine empfohlene Etappe morgen geht bis Caldas de Reis, ca. 22 km. Dort gibt es etliche Unterkünfte. Wenn ich 5-10 km weiter versuche Unterkünfte zu finden, dann gibt es da fast nichts.
Ich hab ein Motel für 29€ gefunden (inkl Genius Rabatt). Das liegt ca. 2 km abseits des Caminho, aber das nehme ich in Kauf.
Es gibt ein Whirlpool. Hatte ich doch schon mal. Vorsichtshalber hab ich mir die Bewertungen angeschaut. Ich möchte nicht wieder in einem diskreten Stundenhotel landen. Im letzten Jahr war das in dieser Gegend.

Die Wettervorhersage meint 15°C und trocken. Kann ich kaum glauben. Andererseits, wenn ich mir meine Füsse ansehe, sind die weiss, aufgequollen und schrumpelig wie nach einem drei-Tage esoterischem Fussbad. Morgen noch so eine Wasser-Schuhmassage-Wanderung und mir wachsen Schwimmhäute.

Gegen 16:00 hat der Fön für heute genug gefönt, er scheint mir auch etwas zu keuchen. So eine Belastung kennt er wohl nicht,

Ich gehe in die Stadt.

Ich sehe mir alle Kirchen an, die Google für relevant hält. Ich heute nur dieses Tomaten Pesto Brot, und einen Müsli Riegel. An meine Frau: Der Bauch verschwindet!
Trotzdem suche ich ein Restaurant, was ein Problem ist.
Sonntags sind viele Restaurants zu, und gegessen wird in Spanien ab 20:00.

Wettervorhersage im spanischen TV für morgen, nachts 8°, tagsüber 19°C. In Deutschland glaube ich auch die Wettervorhersage nicht mehr…
Aber es scheint überstanden.

Dann gab es hier noch ein Paloma Problem.

Man kann sich nicht vo, was das hier im Restaurant für ein Lärm ist. Aber es ist einfach nur gut – es gehört hier dazu.

Als ich aus dem Restaurant komme, ist da was, was ich tagelang nicht gesehen habe:

12 Kommentare zu „05.05.2024 Haut die Herbergsmutter mich? Flucht nach Pontevedra“

  1. Hallo Ralf,
    auch hier zeigt es sich – Nässe auf Dauer ist niemals gut, weder im Haus noch in den Schuhen… Respekt für diese Anstrengungen, hoffentlich wirst du die kommenden Tage nun mit trockenerem Wetter und Sonnenschein belohnt.
    Viele Grüße von der 25

  2. Unglaublich, was du da auf dich nimmst! 🤔
    Hoffentlich wird das Wetter jetzt besser! Wünsche dir eine erholsame Nacht😴💤✨🌙

    1. Ich hatte bis jetzt (15:30) zwei Bier. Ich werde schlafen wie ein Stein. Hoffentlich sind die in den anderen Zimmern nicht so laut. Dann benötige ich was mit mehr Umdrehungen

  3. Hallo Ralf, da hast Du aber wirklich Pech mit dem Wetter. Zeitungen in nasse Schuhe klappt wirklich gut, kenne ich von verregneten Flällwanderungen in Schweden -da ist so ein Wetter aber normal. Tipp für ungeheizte Unterkünfte und klamme Sachen: eine halbe Stunde vor dem Aufstehen mit in den Schlafsack nehmen. Die Fotos sind aber trotzdem schön. Ich möchte den Weg auch vielleicht nächstes Jahr laufen.Da kann ich mir bei Dir was abgucken. Drücke Dir die Daumen für trockenes Wetter. Buen Camino! Anja

    1. Hallo Anja,
      der Regen war nicht so schlimm wie er sich vielleicht anhört. Man kommt ganz gut voran. So ein Caminho ist eine besondere Erfahrung, schön ist er aber nicht immer.
      Auch wenn die Pilgerunterkünfte viele Einschränkungen beinhalten, sie waren mit das interessanteste der Tour.

  4. Rosi Brinkmann

    Hallo Ralf
    So hast du dir die Pilger Wanderung bestimmt nicht vorgestellt! Ist ja furchtbar, bis jetzt jeden Tag nur Dauerregen! Ich wünsche dir, dass das der letzte Regentag war! Gut das du so zäh bist! Nach der Tour wirst du bestimmt einige Kilos weniger haben!
    Schlaf gut – Morgen! Mutter

  5. Hallo Ralf,
    Sehr beeindruckend was du da durch machst. Hast meinen größten Respekt. Ich wünsche dir jetzt trockene Etappen ….
    liebe Grüße
    Bernd

      1. Ohne Regen, wie langweilig.😂 Gab es unterwegs kein Schlauchboot zu kaufen. Ach ja, Fön und Socken in Kombi gibt bestimmt einen leckeren Duft. Nehme es sportlich, das Wetter kann nur besser werden. Ich drücke dir die Daumen.

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